Fassadenplanung 4.0: Smart in die Zukunft
Digitale Komponenten machen Fassaden individuell konfigurierbar und flexibel erweiterbar
Die Aufgaben der Gebäudehülle sind in den letzten Jahrzehnten deutlich vielfältiger und die Fassade somit ein signifikanter Punkt im Bauwesen geworden. Aktuell führt die so genannte vierte Revolution zu neuen Entwicklungen, wie der Integration digitaler Komponenten.
Der Begriff „Fassade“ bezeichnet, abgeleitet vom lateinischen „fascies“ – also „Antlitz“ oder „Äußeres“ –, im allgemeinen Sprachgebrauch die oft repräsentative Ansichts- oder Schauseite eines Gebäudes. Die Fassade als solche in ihrer Rolle als seitliche bzw. oberirdische Grenze von Innen- und Außenraum ist jedoch ausdrücklich nicht als Raumabschluss zu betrachten; sie bildet keine hermetische Versiegelung, sondern wirkt vielmehr als ein Filter, der den Stoffaustausch, den Strahlungs- und Schalldurchgang und die Wärmeleitung in Abhängigkeit von den äußeren Bedingungen und den Anforderungen der Gebäudenutzer möglichst genau regeln soll. Daher sind die Aufgaben der Gebäudehülle in den letzten Jahrzehnten deutlich vielfältiger geworden und somit ist die Fassade ein signifikanter Punkt im Bauwesen.
Fassade kann Energiehaushalt des Körpers regulieren
Unabhängig von ganzheitlichen Planungsprozessen ist es unabdingbar, dass eine moderne nachhaltige Architektur heute weit über maximale Energieeffizienz hinausgeht. In diesem Zusammenhang wird die Fassade häufig mit der menschlichen Haut verglichen, die den Energiehaushalt des Körpers regulieren kann, indem sie auf sich ändernde Einflüsse und Verhältnisse reagiert. Dementsprechend besteht die Aufgabe von Fassaden darin, den Nutzern von Gebäuden eine behagliche Innenraumsituation zu gewährleisten und den Energiehaushalt des Gebäudes positiv zu beeinflussen. Darüber hinaus gehören auch filigranste Optiken, ein hochwertiges Design und die optimale Integration von Funktionselementen zu den Merkmalen zeitgemäßer Fassadensysteme. Zusätzliche Aspekte sind in den letzten Jahren hinzugekommen, dazu zählen die Energiegewinnung und -speicherung, der mediale Austausch, die Vernetzung und Schnittstelle der Haustechnik (zentral, dezentral) und nicht zuletzt auch alle Aspekte der Gestaltung und der städtebaulichen Erscheinung.
Immer mehr Sensoren, Antriebe und elektronische Komponenten
Fassaden beinhalten zur Steigerung der Energieeffizienz und für einen höheren Nutzerkomfort und ein ebenso hohes Maß an Sicherheit immer mehr Sensoren, Antriebe und elektronische Komponenten, wie zum Beispiel bei schaltbaren Sonnenschutzverglasungen. Diese werden in die Fassade integriert. „Zukunftsweisende Fassadenmodule nutzen dabei das Plug-and-play-Prinzip mit optimierten Schnittstellen. Bauteile, die längere Innovationszyklen haben – z.B. Rahmenprofile, Dichtungen und Gläser – bleiben in der Fassade, Komponenten mit kürzeren Innovationszyklen, insbesondere elektronische Bauteile, tauscht man häufiger“, sagt Professor Winfried Heusler, Senior Vice President der Schüco International KG. Prominentes Schlagwort ist in diesem Kontext die sogenannte vierte industrielle Revolution, die von einem durchgehenden Datenmanagement und dem Einsatz künstlicher Intelligenz getrieben ist. Einhergehend mit Fortschritten bei der Miniaturisierung, Geschwindigkeit und Leistung von Computern sind die reale und die virtuelle Welt miteinander verschmolzen. Viele der neuen Technologien haben unseren Alltag bereits durchdrungen.
Einbetten digitaler Komponenten in Objekte mit ursprünglich rein physischer Beschaffenheit
Auf die Fassade bezogen bedeutet dies: Smarte Gebäude sind künftig modular aus intelligenten teilautonomen Subsystemen oder Einzelelementen zusammengesetzt, die über Kommunikationsprozesse Daten austauschen und als Ganzes zusammenwirken. Als Grundlage smarter Fassadenkonzepte dient das Einbetten digitaler Komponenten in Objekte mit ursprünglich rein physischer Beschaffenheit. Durch das Hinzufügen von Apps werden derartige Fassaden konfigurierbar und flexibel erweiterbar. Die Kombination alter und neuer Technologien kann auch zu neuartigen Wertschöpfungsnetzwerken und Geschäftsmodellen führen. Wie bei allen innovativen Technologien wird es notwendig sein, die Akzeptanz der Nutzer zu gewinnen“, meint Professor Heusler. „Im Zentrum der Betrachtung stehen die Herausforderungen und Möglichkeiten der digitalen Transformation hinsichtlich gesunder Gebäude, nachhaltiger Low-Carbon Konzepte und eines zielgruppenspezifischen Kundennutzens.“