Sicherheitsglas in der Gebäudehülle
Schutz gegen Einbruch, Beschuss, Feuer oder Explosion
Je nach Funktion eines Gebäudes muss eine Gebäudehülle neben konstruktionsbedingten Anforderungen wie Wärmeschutz, Sonnenschutz und Schallschutz besondere Funktionen wie Schutz und Sicherheit für Menschen und Objekte erfüllen. Dazu zählen zum Beispiel Schutz gegen Einbruch, gegen kriminelle und terroristische Anschläge mit Schusswaffen oder Bomben oder auch gegen elektromagnetische Strahlung sowie gegen Brandüberschlag in Fassaden. Sicherheitsgläser können als Multifunktions-Bauelemente zudem auch mit Designglas kombiniert werden.
Ob als Schutz vor Verletzungen, vor Einbruch oder Brand – Sicherheitsglas erfüllt in der Gebäudehülle eine Vielzahl von Funktionen und wird gleichermaßen im Gewerbe- wie auch im Wohnungsbau eingesetzt. Sicherheitsverglasungen werden auch als begehbare und tragende Bauteile ausgeführt. Unter dem Begriff Sicherheitsgläser werden Einscheiben-Sicherheitsgläser (ESG) wie z. B. SECURIT oder Verbund-Sicherheitsgläser (VSG) wie z. B. STADIP zusammengefasst. ESG wird thermisch vorgespannt, hält hohen Belastungen stand und ist damit wesentlich widerstandsfähiger als einfaches Floatglas. Im Bruchfall zerfällt es zu vielen kleinen, stumpfkantigen Krümeln. Bei VSG werden Zwischenlagen aus hoch reißfesten, klar durchsichtigen Folien mit dem Glas unter hohem Druck verbunden und sorgen für die hohe Sicherheit und Resttragfähigkeit im Bruchfall. Kommt es bei einem VSG trotzdem einmal zum Bruch, bleiben die Bruchstücke an den Folien hängen, die Scheibe bleibt im Rahmen. Bei einbruchhemmendem VSG verhindert ein spezieller Glas-Folien-Aufbau das Durchdringen von geworfenen Gegenständen oder den Angriff mit Schlagwerkzeugen. Die Schutzwirkung von Brandschutzgläsern wird durch einen mehrschichtigen Aufbau aus unterschiedlich dicken Gläsern und Interlayern erreicht.
Baurechtliche Anforderungen an die Sicherheit von Gebäuden
Die europäische Bauprodukteverordnung EU 305/2011 stellt Grundanforderungen an Bauwerke: Das Bauwerk muss derart entworfen und ausgeführt sein, dass sich bei seiner Nutzung oder seinem Betrieb keine unannehmbaren Unfallgefahren ergeben, wie Verletzungen durch Rutsch-, Sturz- und Aufprallunfälle, Verbrennungen, Stromschläge und Explosionsverletzungen. Aus den zur Verfügung stehenden Glasprodukten muss dasjenige ausgesucht werden, das für die vorgesehene Konstruktion das geeignete ist. Die Anforderungen an die Sicherheit müssen für jeden Einsatzbereich definiert werden. Sicherheit bezeichnet einen Zustand, der frei von unvertretbaren Risiken der Beeinträchtigung ist oder als gefahrenfrei angesehen wird. Eine Glaskonstruktion muss sicherstellen, dass bei einem unvorhersehbaren Bruch Menschen nicht gefährdet werden.
Sicherheitsrelevante Bereiche sind überall dort, wo mit Ansammlungen von Menschen zu rechnen ist, oder wo besonders schutzbedürftige Personengruppen (Kinder, Schüler, Pflegebedürftige und so weiter) mit Bauteilen aus Glas in Berührung kommen können. Dazu zählen z.B. Sportstätten, Krankenhäuser, Altenheime, KiTas, Schulen und Versammlungsstätten – aber durchaus auch der Privathaushalt. Verkehrssicherheit wird im Rahmen des Baurechts nicht vollständig geregelt. Die Minimierung des Unfallrisikos überlässt das Baurecht der Verantwortung des Auftraggebers bzw. versicherungsrechtlich zuständiger Organisationen. Die Anforderungen an die Verglasung zum Schutz vor Verletzungen durch Schnitt- oder Stichverletzungen (auch durch herabstürzende Glasteile) sind vom Planer zu stellen. Über die notwendigen Maßnahmen hinaus können auch der Bauplaner oder die Baubehörde spezielle Anforderungen an die Verkehrssicherheit stellen.
Ausreichend verkehrssichere Verglasungen
Als ausreichend verkehrssicher gelten an Verkehrs- und Aufenthaltsbereichen grenzende Verglasungen, wenn sie als bruchsicher eingestuft sind und bei üblicher und angemessener Nutzung das Unfallrisiko sowohl beurteilt werden kann als auch durch bauliche Maßnahmen minimiert wird. „Bruchsicher“ bedeutet hier, dass das Bauteil oder Bauprodukt auch dann sicher ist, wenn es bricht. Der Baustoff Glas erfüllt diese Anforderung, wenn er zu VSG oder Verbundglas (VG) verarbeitet wurde. Hier wird über die Haftung der Glassplitter an der Folie das Verletzungsrisiko minimiert. Auch ESG ist durch seine hohe mechanische Festigkeit und im Schadensfall durch seine kleinkrümelige Bruchstruktur zur Verwendung in ausreichend verkehrssichere Bauteile geeignet. Die Beurteilung des Glases allein ist jedoch nicht ausreichend, es muss immer die Verglasung als Ganzes beurteilt werden. Kriterien zur Verkehrssicherheit von Verglasungen sind z.B.:
- Die Standsicherheit: Welche vorhersehbaren und kalkulierbaren Belastungen werden sicher getragen bzw. abgeleitet?
- Die Glasdicke, Art und Ausführung von Rahmenkonstruktionen, Haltern und/ oder sonstige Montage- oder Befestigungsmöglichkeiten.
- Die Vorgaben für die Eignung von Verglasungen für den vorgegebenen Verwendungszweck im Rahmen der DIN 18008, einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung (abZ), einer allgemeinen Bauartengenehmigung (aBG) oder einer Zustimmung im Einzelfall.
- Die Art und Weise der Abschirmung von nicht ausreichend verkehrssicheren oder nicht bruchsicheren Verglasungen.
Hochsicherheitsgläser
Regierungsgebäude, Bahnhöfe und Flughäfen, Schulen, Banken, Museen oder auch Wohnhäuser potenziell gefährdeter Personen müssen durch Hochsicherheitsgläser gegen verschiedene Formen von Angriffen geschützt werden. Hochsicherheitsgläser unterteilt die EN 1063 in die Widerstandsklassen BR1 bis BR7 und SG1 bis SG2. Die Widerstandsklassen unterscheiden sich nach der Waffenart sowie der Munition und damit nach der Durchschlagkraft des Projektils. Dabei unterscheidet die Norm zwischen nicht splitternden Verglasungen (NS) und Typen mit Splitterabgang (S). Es gilt: Je höher die Widerstandsklasse, desto dicker der Glasaufbau und damit dessen Widerstandskraft.
Neben der beschusshemmenden Eigenschaft der Gläser fordert der Markt zunehmend zusätzlich die durchbruchhemmende Eigenschaft. Um diese durchgängig nachweisen zu können, werden alle beschusshemmenden Gläser zusätzlich auf Durchbruch nach der Norm EN 356 geprüft (Axtprüfung). Weil der Trend bei beschusshemmenden Verglasungen in Richtung dünner und leichter geht, bietet Vetrotech Saint-Gobain eine Vielzahl schlanker Produkte, die auch als Isolierglaslösung in gängige Rahmensysteme passen.
Brandschutzgläser
Bei Brandschutzverglasungen steht die Funktionalität immer an erster Stelle: Dazu zählen die Sicherung von Fluchtwegen im Inneren des Gebäudes und die Verhinderung von Brandüberschlag bei Fassaden. Generell gilt: Die Aufgabe des Brandschutzes – unabhängig ob baulich oder anlagentechnisch – besteht darin, im Brandfall Menschenleben und Sachwerte zu schützen und für Flüchtende wie Retter über eine ausreichende Zeit begehbare Flucht- und Rettungswege zu schaffen. Wie dieses Ziel erreicht werden kann, ist stark vom Gebäudetyp, der Nutzung und dem daraus resultierenden Gesamtsicherheitskonzept abhängig.
Brandschutzgläser erfüllen sämtliche Anforderungen, die auch an andere Brandschutzmaterialien gestellt werden. Das entscheidende Komfortplus für die Nutzer ist dabei, dass dank der materialimmanenten Eigenschaften des Werkstoffes Glas weder auf natürliches Licht noch auf uneingeschränkte Durchsicht – vergleichbar mit „normalem“ Fensterglas – verzichtet werden muss. Beim Brandschutz zählt das ganze System – vom Rahmenprofil über das Glas bis zur Anschlussfuge und Zubehörmaterial. Denn ein System kann nur in seiner geprüften und zugelassenen Ausführung die ihm im Brandfall zugedachte Schutzwirkung erfüllen. Brandschutzverglasungen zeichnen sich dadurch aus, dass auf der vom Brand abgekehrten Seite, der sogenannten Schutzseite, die Verglasung für unterschiedlich lange Zeiträume – normativ festgelegt – intakt bleibt. Der Raumabschluss und der Schutz vor Wärmestrahlung, Temperaturerhöhung und Brandübertragung bleiben bei fachgerechter Ausführung also vollständig erhalten.
Bei öffentlichen, kommunalen oder institutionellen Gebäuden, die besonders geschützt werden sollen, sind durchbruch- und durchschusshemmende Verglasungen aus VSG häufig Standard. Bei den Varianten nur aus Glas machen sich dabei oft die Dicke und das hohe Gewicht des Gesamtaufbaus nachteilig bemerkbar. Verbund-Sicherheitsgläser aus Glas und Polycarbonat wie POLYGARD ATTACK sind nicht nur erkennbar schlanker, sondern auch deutlich leichter ist als klassisches VSG – bei identischen sicherheitsrelevanten Eigenschaften.
Spezielle Brandschutzgläser verhindern Brandüberschlag
Unter den Begriff Brandüberschlag fallen der vertikale und der horizontale Brandüberschlag, wie er in einer Fassade dreidimensional auftreten kann. Durch den gezielten Einsatz von Brandschutzverglasungen in Fassaden, z.B. in Gebäudeübereckbereichen, wird verhindert, dass ein Feuer auf horizontal benachbarte Brandabschnitte übergreift. Werden nur „normale“ Glasprodukte wie Floatglas, ESG oder VSG verwendet, besteht immer die Gefahr eines unmittelbaren oder eines eventuell zeitlich verzögerten Glasbruchs innerhalb weniger Minuten mit einem entsprechenden Verlust des Raumabschlusses. Der Weg für giftigen Rauch und Feuer wäre so frei und es käme zu einem Brandübertrag. Im Falle von VSG besteht unter Umständen die Gefahr einer Brandbeschleunigung, da die PVB-Folien einen eigenen und nicht zu vernachlässigenden Beitrag zum Brand leisten können. Außerdem besteht verstärkt die Gefahr von brennendem Abtropfen: 0,76 mm PVB-Folie bedeuten immerhin 0,76 Liter eingebetteter Kunststoff pro Quadratmeter Verglasung. Gleiches gilt auch für den vertikalen Brandüberschlag, der in Fassaden oder in Atrienverglasungen vorkommen kann. Hier ist das Schutzziel, dass sich ein Brand nicht von einem Geschoss auf die darüber liegende Nutzungseinheit ausbreiten kann.
Zum Special Sicherheitsglas in der Gebäudehülle.